Ein gutes Wort (Gastbeitrag)

Gastbeitrag von Ulrike Wiedemann zur Blogparade „Kulturwandel im Gesundheitswesen“

„Gehe nie ohne ein gutes Wort zu den Kranken“ – diesen Leitsatz hat Luise von Marillac, Mitbegründerin der Vizentinischen Ordensgemeinschaft, vor über 350 Jahren den Vinzentinerinnen auf den Weg gegeben, als sie sie aussandte Kranke zu pflegen. Das ist bis heute der Grundsatz in der Klinik, in der ich heute in der Unternehmenskommunikation arbeite. Wenn ich in der heutigen Zeit über Achtsamkeit lesen, über neue Führungsmodelle, über Fehlerkultur, kommt mir immer wieder der Gedanke, ob diese wirklich neu sind oder nur ein Rückbesinnen auf Werte, die verloren gegangen sind.

Es herrsche ein besonderer Geist, es sei so ein „anderes Gefühl“ im Vergleich zu anderen Kliniken. Werde ich gefragt, was dies sei, was es ausmache, konnte ich zunächst keine konkreten Maßnahmen entdecken, analysieren, woher das kommt. Es ist eben so ein Gefühl. Gleichzeitig: genau das ist es, was neben aller fachlichen Kompetenz von Bedeutung ist. Dass Mitarbeitende wie Patient*innen sich wohl fühlen, aufgehoben und gut umsorgt. Wer genau hinschaut entdeckt, dass es Werte sind, die über Jahrzehnte – ich vermute Jahrhunderte – gepflegt wurden.

Ein freundlicher, höflicher, respektvoller Umgang, ein „gutes Wort“. Und zwar nicht nur gegenüber Patient*innen sondern auch untereinander. Ein gutes Wort, das sind Lob, Kritik, eine gesunde Fehlerkultur und ehrliches Feedback. Ein gutes Wort sind Fürsorge und Anteilnahme. Aber sind das neue Faktoren oder sind diese andernorts nur verloren gegangen während des Blicks auf DRG, Bettenzahlen, Personaluntergrenzen und Fallpauschalen? Braucht es mit oder neben Wandel auch eine Rückbesinnung?

Gehe ich durchs Haus, grüßen mich unzählige Kolleg*innen. Die wenigsten kenne ich persönlich. Aber wir verstehen uns als Teil einer Gemeinschaft, in der alle das einbringen, was sie am besten können. Mit höchstem Respekt blicke ich auf die Leistung der Kolleg*innen in der Pflege und der Ärzteschaft ebenso wie in der Haustechnik, dem Bettentransport und der Abrechnung. Keine dieser Aufgaben könnte ich in dieser hohen Qualität leisten. Und keines dieser Rädchen ist unerlässlich.

Der Unternehmenskommunikation fällt die wunderbare Aufgabe zu, die Themen und Geschichten dieser Bereiche kennenzulernen und zu transportieren.

Unternehmenskommunikation und Unternehmenskultur greifen an dieser Stelle ineinander. Sie lassen die gelebte Zusammenarbeit transparent werden und eröffnen Diskussionsräume für Veränderungen.

Unabdingbar dafür ist das Gefühl bei allen einzeln handelnden Personen, hierarchieunabhängig etwas beitragen zu können. Schlagworte dafür sind wohl Wertschätzung und Vertrauen.

Mit der Digitalisierung und einem neuen Blick auf Arbeit ergeben sich meiner Meinung nach weitere und neue Möglichkeiten, „das gute Wort“ zu leben: Offene Beteiligungsprozesse, eine barrierefreie Feedback-Kultur und mehr Raum für selbstverantwortliches Handeln sind die Grundlage, damit die Veränderungen sich langfristig durchsetzen und in die eigene Unternehmenskultur aufgenommen werden. 


Foto: Diego PH | Unsplash

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