Mutmacher-Gipfel 2018: Entdecke Dein WOFÜR

Weißt Du noch, wofür Du morgens aufstehst? Wofür Du täglich zur Arbeit gehst? Was Dich tief in Deinem Inneren antreibt? Diese Fragestellungen standen im Mittelpunkt des Mutmacher-Gipfels in Göttingen – einer einzigartigen Mischung aus inspirierenden Vorträgen, Net(t)working und viel Zeit sowohl für eigene als auch für gemeinsame Gedanken. „Wir wollen uns ermutigen, gegenseitig inspirieren und stärken“, so die Idee, schließlich habe jeder seinen ganz eigenen Traum und sein persönliches WOFÜR, an dem es sich lohne zu arbeiten.

Rückblickend bin ich mir sicher, ein jeder der rund 600 Teilnehmer nahm wertvolle Impulse mit. Meine persönlichen fünf Take Aways habe ich im Folgenden zusammengefasst.

I have a dream

In einer der größten Reden aller Zeiten sagte Martin Luther King: „I have a dream.“ Er sagte nicht: „I have a plan“, machte Max von Düring deutlich. Es ging ganz bewusst um einem Traum, der aus dem Herzen kommt und nicht aus dem Kopf. Und der somit auch die Kraft hat, Herzen zu bewegen. Das WOFÜR steckt im Inneren, als Kern unserer Handlungen. Häufig jedoch konzentrieren wir uns auf die äußere Hülle – das WAS (das sichtbare Angebot) sowie das WIE (die Optimierung der Prozesse). Ein Herzensanliegen aber sei stärker ist als jedes ins Auge gefasste Ziel, so Gerald Hüther: „Es geht um die Frage: Was möchte ich für ein Mensch sein?“

Im Gegensatz zum oberflächlichen Scheinen kommt die wahre Energie von innen. Wir sollten die „Essenz herausfiltern“ und uns selbstreflektiert fragen: Was ist hinter all dem Glanz? „Ab und zu in sich hinein zu strahlen ist die Voraussetzung dafür, etwas ausstrahlen zu können“, meinte Max von Düring.

„Wenn Du weißt, was du willst, kann dein Gehirn dir helfen“, spielte Waldemar, mit 85 Jahren der wohl älteste Teilnehmer des Gipfels, in einer mitreißenden Wortmeldung auf die Erkenntnisse der Hirnforschung an. Und nur wenige Stunden später brachte es Gerald Hüther auf den Punkt, als er sagte, der Traum, das Potenzielle, eben das, „was werden könnte“, sei „das Substrat, auf dem die Wirklichkeit geboren wird.“

Together forever

„Es ist nicht nur das Individuum und die Idee, die Veränderung bringt, sondern es ist das Kollektiv“, so Ali Mahlodji in seinem Vortrag: „Und es funktioniert nur, wenn man ein gemeinsames Anliegen hat, das größer ist als man selbst.“ Auch Hüther zeigte sich davon überzeugt, „den Mensch als Einzelwesen gibt es nicht – wir brauchen die Gemeinschaft, um uns gemeinsam auf den Weg zu machen. Wenn wir dieses Anliegen finden, das sich nur gemeinsam verwirklichen lässt, ist die Gemeinschaft nicht aufzuhalten.“ Wichtig sei jedoch, immer wieder das Band zu festigen, das sie zusammenhält – eben das gemeinsame WOFÜR.

Human being statt human doing

Menschen, die der Meinung sind, Anerkennung und Liebe insbesondere durch Fleiß und Leistung erringen zu können, leben häufig nach der Formel TUN – HABEN – SEIN, zeigte von Düring auf. Wer viel tut, hat viel und kann irgendwann glücklich sein. Das Ergebnis ist oft: „Wir machen immer mehr, aber immer mehr vom Selben!“ Dies führe nicht nur in die Sackgasse, sondern sei dazu anstrengend. Es gelte, nicht immer mehr, sondern die Dinge anders zu machen. Beispielsweise, indem wir innerhalb der Formel den Zustand des Seins nach vorne bringen: SEIN – TUN – HABEN. Schließlich heißt der Mensch im Englischen „human being“ (der seiende Mensch) und nicht „human doing“ (der machende Mensch).

Also: „Mehr Freude am Sein statt am getriebenen Tun!“ Das gestalterische TUN aus dem SEIN heraus verschaffe nicht nur mehr Zufriedenheit, sondern auch mehr innere Freiheit. Wenn wir in Beziehungen investieren, sind wir vom HABEN nicht abhängig. Hinzu kommt: Nur durch die Betonung des SEIN können wir die Gegenwart wirklich wahrnehmen, das, „was um einen ist“. Samuel Koch sagte: „Die Gegenwart kann eine wunderbare Dimension sein, in der es sich zu leben lohnt.“ Wichtig – ja sogar lebensnotwendig – sei eine „gesunde Spannung zwischen Zufriedensein und Weiterentwicklung.“

1+ ohne Kompromisse

„Du bist immer 1+, ohne Kompromisse“ – eine wunderbar wertschätzende Haltung gegenüber anderen, die uns Samuel Koch anhand einer seiner Kindheitserinnerungen verdeutlichte. Zum Anlass einer Fünf in einer Englischarbeit bekam er von seinem Vater damals nicht nur Selbstbewusstsein, sondern auch ein hochwertiges Jojo geschenkt. Über die Rolle des Menschen in der heutigen Leistungsgesellschaft sagte er: „Wir machen unseren Wert häufig von der Nützlichkeit abhängig. Ich bin aber nicht nur dann etwas wert, wenn ich nützlich bin.“

Ali Mahlodji ist sich sicher: „Die heutigen Jugendlichen haben nicht ‚keinen Bock‘, sondern manchmal einfach nur keinen, der an sie glaubt. Aber wenn jemand bedingungslos an dich glaubt, dann kann dir nichts passieren.“ Auch Marco Böhme fand hierzu in seinem Vortrag Mut machende Worte: „Wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, ist das kein Fehler, sondern der Ausgangspunkt, etwas in eine neue Richtung zu bringen.“ Irrungen und Wirrungen auf dem Weg seien natürlicher Teil der Entwicklung, und daher empfahl er: „Erzähl immer Deine ganze Geschichte – nicht nur die ‚Ups‘, auch die ‚Downs‘.

Entdecken und Entdeckeln

Was haben Flöhe im Glas mit Mut zu tun? So Einiges, wie uns Rainer Holler verdeutlichte. Denn Flöhe, die eine Zeit lang in einem Glas mit Deckel leben, springen nur noch bis kurz unter den Deckel. Dieses Verhalten behalten sie selbst dann bei, wenn der Deckel abgenommen wurde. „Es ist das, was wir glauben zu wissen, was uns davon abhält zu lernen“, zitierte Holler Claude Bernard. Wir sollten also immer wieder hinterfragen: In welcher Situation befinde ich mich? Ist der Deckel noch da? Die Grenzen sind manchmal nur im (statt über dem) Kopf.

Bereits Kinder werden häufig mit Grenzen und Einschränkungen ihrer natürlichen Kreativität konfrontiert, so Ali Mahlodji, beispielsweise, wenn wir sie beim Malen zurechtweisen: „Fenster sind immer eckig!“ Das Gegenteil sei jedoch der Fall: „Die Form der Fenster können wir selbst definieren, selbst, wenn es das Haus dazu noch nicht gibt.“

„Was uns in Zukunft voranbringt, wird nicht die Technologie sein“, erklärte er: „Es ist die Frage, welche Haltung wir haben, uns selbst und anderen gegenüber.“ Und auch Hüther befand: „Wir können nur überleben, indem wir immer wieder mit den von uns selbst verursachten Veränderungen mitgehen und uns weiterentwickeln – uns öffnen, austauschen, lernen. Der riesige Transformationsprozess ist nur gemeinsam zu steuern, indem wir uns aufeinander einlassen und einander begegnen.“

Entscheidend ist: „Man kann Veränderungsprozesse nicht trainieren, sondern nur eine Situation schaffen, in der Menschen sich entscheiden“, sagte Hüther. So entstehe ein Umfeld des Vertrauens, wie bei einer jungen Frau aus dem Publikum, die vor Hunderten von Menschen aufstand und zugab: „Ich stehe auf, weil ich Angst davor hatte aufzustehen.“ Dies war einer von vielen einzigartigen Mut-Momenten des Gipfels. Oder um mit Mahlodjis Worten zu sprechen: „Das Leben wirft uns immer genau die Bälle zu, für die wir bereit sind.“


Dieser Beitrag erscheint im Rahmen der #Mutland Blogparade

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