Im Takt des Lebens

Am Weltherztag, dem 29. September, richten wir den Blick auf unser faszinierendstes Organ. Und auf das „Living Heart Project“: Das Ziel dieses virtuellen Modells ist es zu simulieren, wie das Herz auf Krankheiten, Medikamente und operative Eingriffe reagiert.  

„Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll.“ (J. W. v. Goethe)

Es sind wahrlich keine leichten Zeiten fürs Herz. Mit Blick auf die Ergebnisse der Bundestagswahl kann es vor Schreck schon mal stehenbleiben. Oder es schlägt einem vor Wut bis zum Hals. Verfolge ich die Außenpolitik der USA, rutscht mir mein Herz auch schonmal in die Hose. Aber Bangemachen gilt nicht. In Zeiten wie diesen sollten wir uns alle ein Beispiel an unserem wohl wichtigsten Organ nehmen. Dessen Credo ist es schließlich, beständig weiterzumachen, ehrgeizig, pulsierend, das Leben im Blick.

Faszinierender Motor

Selbst wenn künstlich gezüchtete Herzmuskelzellen eingefroren werden, schlagen sie nur wenige Minuten nach dem Auftauen spontan weiter, auch ohne äußere Stimulation. Unser etwa faustgroßes Organ verfügt über ein eigenes Reizbildungs- und Reizleitungssystem, welches sozusagen die „Zündung“ des Herzmotors darstellt. So schlägt unser Herz im Laufe eines Lebens unaufhörlich etwa drei Milliarden Mal. Die Herzkammern werden dabei von rund 250 Millionen Litern Blut durchflossen.

Doch was, wenn nicht…? Es gibt wohl kaum etwas Beunruhigendes als den Gedanken, unser wichtigster Muskel könnte seine Leistungsfähigkeit verlieren. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Deutschland noch immer die Todesursache Nummer eins. Glücklicherweise tut sich viel: in Sachen Aufklärung rund um unser aller Herzgesundheit, Prävention, Diagnose und Behandlung.

Forschung fürs Herz

So faszinierend das Herz ist, so schwer ist es zu verstehen. Intensiv beschäftigt sich daher auch die Forschung mit dem komplexen Zusammenspiel innerhalb des Organs und den Auswirkungen auf den gesamten Organismus. Ein beeindruckendes Beispiel ist das „Living Heart Project“. Wissenschaftler aus aller Welt arbeiten daran, ein realistisches 3D-Simulationsmodell eines menschlichen Herzens zu entwickeln. Eine Computersimulation macht den Hohlmuskel im Ganzen erlebbar – mit dem Ziel, sämtliche Herzfunktionen zu imitieren. Dargestellt werden nicht nur Nervenbahnen und Muskelfasern. Auch Blutfluss und Kontraktionen bilden die Experten nach.

Das Besondere: All dies basiert nicht nur auf allgemeinen Daten der Herzforschung, sondern zusätzlich werden individuelle Untersuchungsdaten einbezogen, um ganz eigene Besonderheiten des Patienten abzubilden. So werden sich Chirurgen zukünftig noch genauer auf Operationen vorbereiten. Herzschrittmacher und andere medizintechnische Geräte können am Computer geplant und optimiert werden, vorbereitende Eingriffe bleiben dem Betroffenen erspart. Die bestmögliche Therapie wird also zukünftig mit Hilfe mathematischer Methoden berechnet.

Ein Herz für Tiere

Und noch einen entscheidenden Vorteil bietet ein simuliertes Herz: Ohne das lebende Herz zu gefährden, können nicht nur operative Eingriffe, sondern auch Medikamente virtuell getestet werden. Eine Hoffnung, die zugleich eine echte Herzensangelegenheit ist: Denn dies macht weit weniger Tierversuche notwendig. Welch überfällige Errungenschaft wäre es, unzähligen Hunden, Schweinen und Mäusen die künstlich herbeigeführten Herzrhythmusstörungen und Herzinfarkte zu ersparen – zumal man inzwischen erkannt hat, dass die Erkenntnisse ihres langen Leidensweges sowieso nur sehr begrenzt auf den Menschen übertragbar sind.

„Was wir in den letzten Jahren gelernt haben ist, dass wir noch viel zu wenig wissen. Das heißt, wir müssen noch viel, viel mehr Energie reinstecken, um wirklich zu verstehen, was einzelne Herzzellen tun und wie sie miteinander interagieren“, sagt der am „Living Heart Project“ beteiligte Biologe Dr. Georg Rast.

Der Weltherztag am 29. September steht diesjährig unter dem Motto „Power your life“. Ich nehme ihn zum Anlass, mich zu bedanken. Bei all denen, die mit viel Herzblut daran arbeiten, dass wir zukünftig noch herzgesünder leben können. Außerdem, auch wenn es ungewöhnlich klingt: Vielleicht sollten wir – auch ohne 3D-Simulation – mal den Blick ganz tief nach innen richten. Wir sollten uns ein Herz fassen und voller Überzeugung zu der dort befindlichen Powerbank sagen: Herzlichen Dank.

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